Im Herbst, wenn die Blätter fallen, sieht man immer mehr Igel aus dem Unterholz kriechen. Tapsig und neugierig irren sie scheinbar ziellos umher. Auf uns Menschen wirken die kleinen Geschöpfe oft hilflos. Doch wann braucht ein Igel tatsächlich unsere Hilfe?

Die Tierarztpraxis Loch hat ein paar nützliche Verhaltenstipps aufgeschrieben, die Sie auch mit Kindern durchsprechen sollten und auf die Sie beim Gassi gehen mit Ihrem Hund achten müssen. Damit kommen Tier und Mensch sicher durch den Herbst.

Igel bereiten sich auf den Winter vor

Die Wintermonate überbrücken Igel mit dem Winterschlaf. Vorher aber fressen sie sich ein Fettpolster als Energiespeicher an. Damit können sie bis zu einem halben Jahr ohne Futter auskommen. Schon mit 6 Wochen sind die Jungtiere selbständig und suchen sich einen eigenen Lebensraum. Deshalb sieht man häufig auch besonders kleine Igel. Erwachsene Igel können zwischen 24 und 28 cm lang werden und wiegen dann je nach Fettpolster zwischen 800 und 1500g.

Ihr Winterschlafnest muss zuvor gut wärmeisoliert sein, deswegen legen es sich die Igel oft unter stützendem Astwerk, unter Bodendecken, aber auch unter Gartenhäusern an. Die nachtaktiven Insektenfresser gehören zu den ältesten existierenden Säugetierformen und sind durch ihre Stacheln und den Roll-Reflex vor Feinden und Gefahren ganz gut geschützt. Doch auch diese Tiere können einmal in Not geraten und unsere Hilfe benötigen.

Laut Gesetz: Keine Tiere mitnehmen!

Darf man Igel einfach so mit nach Hause nehmen? Natürlich nicht. In Deutschland ist es sogar gesetzlich verboten, Tiere aus der Natur zu entnehmen. Das regelt das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).

Doch hier gibt es Ausnahmen:  §45 BNatSchG besagt, dass es zulässig ist, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen. Die Tiere sind unverzüglich in die Freiheit zu entlassen, sobald sie sich dort selbständig erhalten können.

Welche Tiere brauchen Hilfe?

Wenn das Tier verletzt ist, braucht es unsere Hilfe. Doch bevor ein Tier aus seinem natürlichen Lebensraum entfernt wird, sollten wir Menschen ganz streng prüfen, ob das wirklich notwendig ist. Kinder sollten zunächst einen Erwachsenen zu Rate ziehen, wenn sie meinen, ein hilfloses Tier gefunden zu haben.

Oft können der Fundort oder die Umstände des Funds wie Straßen oder Baustellen schon auf Verletzungen hindeuten. Diese müssen nicht unbedingt offensichtlich sein, weil auch Brüche oder Prellungen schmerzhaft sein können. Sind Stacheln abgeknickt oder die Igel eingeklemmt, muss möglicherweise sogar schnell gehandelt werden.

Auch das art-untypische Verhalten, kann auf eine Störung hinweisen: Sucht ein Igel beispielsweise am hellen Tag sein Futter statt in der Nacht, stimmt hier etwas nicht.

Wenn der Igel herum torkelt oder schutzlos herumliegt, ohne sich zu rollen, benötigt er ebenfalls Hilfe. Besonders Igeljunge, die sich tagsüber außerhalb ihres Nestes befinden, brauchen Unterstützung. Ihre Augen und Ohren können noch geschlossen sein und eigentlich wären Sie auf ihre Mutter angewiesen.

Vorsicht mit Hunden

Einzige Ausnahmen sind verwirrte Igel die dringend auf der Suche nach einem neuen Unterschlupf sind. Möglicherweise wurde ihr bisheriges Nest durch Garten- oder Parkarbeiten zerstört oder sie wurden durch herumstöbernde Hunde aufgescheucht. Dann hat der Igel Angst und flüchtet.

Lassen Sie ihn besser in Ruhe und schützen Sie ihn vor Hunden oder anderen Bedrohungen. Hunde sollten Sie unbedingt an die Leine nehmen und auch andere Hundehalter in der Nähe warnen! Hier drohen Verletzungen für Hund und Igel, denn der neugierige Hund wird sich mit seiner Schnauze an den Stacheln verletzen und kann den Igel dennoch umstoßen oder vor Schreck beißen.

Gefundener Igel: Gleich zum Tierarzt

Grundsätzlich sollte man kein wild lebendes Tier einfach anfassen. Wir Menschen haben einen für Tiere sehr intensiv wirkenden Geruch, der irritiert oder zum Abstoßen durch Artgenossen führen kann. Auch Verletzungen an Tier und Mensch sollten ausgeschlossen werden: Denken Sie nur an die Stacheln! Tiere können außerdem Krankheiten oder Läuse übertragen. Schutzhandschuhe und ein Sicherheitsabstand sind daher zu empfehlen.

Mit dem gefundenen Igel sollten Sie in jeden Fall einen Tierarzt oder eine Igelstation aufsuchen, um ihn auf Verletzungen, Wunden oder andere Probleme hin zu untersuchen. Es ist wichtig, die genaue Fundstelle, das Funddatum, die Uhrzeit, sowie das Gewicht zu notieren. Beim Wiegen kann der Tierarzt helfen.

Unterkühlte Tier benötigen möglicherweise schon auf dem Weg zum Tierarzt Schutz. Eine Wärmflasche mit handwarmem, nicht zu heißem Wasser und ein Handtuch können helfen. Doch drängen Sie dem Tier die Wärme nicht auf.

Darf ich den Igel füttern?

Notfalls kann hungrigen Tieren nach Rücksprache mit dem Tierarzt auch Futter angeboten werden. Katzen- oder Hundedosenfutter vertragen sie meist, auch angebratenes Hackfleisch (niemals roh!) oder Rührei ganz ohne Gewürze kann man anbieten. Zu Trinken genügt ein wenig Wasser. Besonders schwache Igel kann aus einer Einwegspritze ungesüßten Kamillentee oder Fencheltee eingeflößt werden. Dieser Tee sollte dabei relativ kalt sein, um Verbrühungen auszuschließen.

Igel sollten nicht zu lange von Menschen gefüttert werden. Wenn sie sich an die Futter-Flatrate gewöhnen, könnten sie zu abhängig werden und in freier Natur nichts mehr selbst zu fressen finden.

Tierarzt oder Igelstation stellen fest, ob der Igel noch Hilfe benötigt. Wenn festgestellt wurde, dass der Igel ein ausreichendes Gewicht vor dem Winterschlaf hat (also mindestens 600-700g) und keine Erkrankungen vorliegen, ist er wieder bereit zum Auswildern. Dann sollte er am besten in der Abenddämmerung an seinen Fundort zurückgebracht werden. Dort kennt er sich gut aus und findet hoffentlich zurück in sein Nest.